Warum TTIP nur den Konzernen nützt…
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… und uns allen schadet. So lautet der Titel des neuen Buches von foodwatch-Gründer Thilo Bode. Genaueres erfährst Du im Buch – oder auch hier… Ist denn wirklich alles so schlimm? »TTIP greift in die Gesetzgebung nationaler und europäischer Ebene ein, das Abkommen beschneidet die Rechte nationaler und europäischer Parlamente, ja, TTIP birgt das Risiko, die nationale und europäische Justiz durch eine Paralleljustiz zu schwächen«, wettert Thilo Bode gleich zu Beginn seines Buches. Aber: Ist denn alles wirklich so schlimm? Wenn man das Buch liest, muss man leider sagen: Ja. Und so ist es längst nicht mehr so, dass nur die Nicht-Regierungsorganisationen und Aktivisten gegen den derzeitigen Verlauf der TTIP-Verhandlungen und somit gegen das Abkommen selbst sind. Laut Bode äußern mittlerweile auch die Deutsche Mittelstandsvereinigung, Multimilliardär und Bürgermeister von New York City Michael Bloomberg, RWE-Chef Alain Caparros oder WHO-Chefin Margeret Chan scharfe Kritik: »Internationaler Handel hat gute und schlechte Konsequenzen für die Gesundheit der Menschen. Verstörend ist, wenn Investitionsabkommen dazu missbraucht werden, Regierungen die Handschellen anzulegen, die vor einem Produkt schützen sollen, das tötet«, zitiert Bode Margeret Chan in seinem Buch. Geheim und ungerecht Da ist es kein Wunder, dass TTIP so im Geheimen verhandelt wird: Unter hohen Sicherheitsbestimmungen haben nur einige wenige EU-Volksvertreter Zugang zu den Verhandlungsdokumenten – während Wirtschaftslobbyisten quasi an dem Vertragswerk mitschreiben können. Laut der Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) fanden von 560 Verhandlungstreffen rund 520 unter Beteiligung von Wirtschaftslobbyisten statt. Dabei konnte eigentlich noch keiner der vehementen TTIP-Befürworter in Brüssel und Berlin genau erklären, warum das Ganze eigentlich so dermaßen geheim ablaufen muss. »Bei einem Vertrag zwischen zwei befreundeten Wirtschaftsblöcken, der zum Vorteil aller beteiligten Ländern sein soll, gibt es nichts zu verbergen«, meint dem entsprechend Thilo Bode. Von wegen wirtschaftliche und finanzielle Vorteile Nicht weniger misstrauisch stimmt, dass die angeblichen wirtschaftlichen Vorteile für den normalen EU-Bürger es auch tatsächlich sind: angeblich. Bode erläutert in seinem Buch ziemlich genau, wie wer wo was schön gerechnet hat. Die Zahlen sollen zum Teil auf merkwürdigen Annahmen basieren – etwa der, dass wir mit den USA eine Währungsunion eingehen. Es kommt zu merkwürdigen Widersprüchen: So soll der Freihandel die EU im weltweiten Wettbewerb zwar stärken soll – dies soll aber zu keinen Nachteilen zum Beispiel für die Wirtschaft afrikanischer Länder führen… Geheime Schiedsgerichte und das Ende von Verbesserungen Kommen wir also zu dem, was Thilo Bode eigentlich hinter dem Abkommen vermutet: Den Wunsch, den Umwelt- und Verbraucherschutz sowie die Sozialstandards zugunsten der Wirtschaft auf dem derzeitigen Level zumindest einzufrieren – wenn nicht gar langsam aber sicher abzusenken. Wie das gehen soll? Ganz einfach: Zunächst wolle man im Rahmen von TTIP die us-amerikanischen und europäischen Standards angleichen – und das dies zugunsten von Umwelt, Verbrauchern und Arbeitnehmern bei einer so starken Beteiligung von Wirtschaftslobbyisten gelingen mag, kann sich jeder selbst ausrechnen. Dann sollen geheime Schiedsgerichte dafür sorgen, dass jedes neue Gesetz, das Menschenleben, Tier- und Umweltschutz oder Sozialstandards verbessern soll, abgeschmettert werden wird. Thilo Bode erklärt am Beispiel Nährwertampel auf Lebensmitteln, wie dies künftig laufen würde: Will die EU schärfere Vorschriften einführen, zum Beispiel die sogenannte Nährwertampel, die die Mehrheit der Verbraucher wünscht, während TTIP möglicherweise nur Standards gegenseitig anerkennt, die die Nährwertampel ausschließen, steckt die EU in einem Dilemma: Stimmen die USA der Gesetzesinitiative der EU nicht zu, muss diese entweder auf das Gesetzesvorhaben verzichten und damit darauf, den Verbraucherschutz weiterzuentwickeln. Oder sie beschließt die Ampelkennzeichnung gegen den Willen des Vertragspartners. Damit riskiert sie jedoch Streit vor der TTIP-Schlichtungsstelle, im schlimmsten Fall drohen Strafen und Handelssanktionen, a ihr Ampelgesetz nicht TTIP-kompatibel und somit rechtswidrig ist. Ganz abgesehen davon, dass durch die bereits oft in den Medien diskutierten geheimen Schiedsgerichte für den sogenannten Investorenschutz multinationale Konzerne in der Lage wären, sich die Niederlassung in dem Land ihrer Wahl auszusuchen, um von dort aus gegen neue Gesetze zum Schutz von Mensch, Tier und Natur zu klagen. Diese Gerichte wären geheim und parteiisch… und bislang sind die Erfahrungen mit ihnen extrem negativ. Gift, Landwirtschaft und Ernährung Dass dies alles verheerende Auswirkungen für ohnehin negative Entwicklungen in der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie haben könnte, verwundert angesichts dessen nicht. Und auch nicht, dass Thilo Bode als Gründer der NGO foodwatch diesem Thema einen großen Teil seines Buches widmet. Er schildert, wie das, was wir hier in Europa bereits als negative Entwicklung in der Landwirtschaft wahrnehmen – nämlich Massentierhaltung und Argrargroßbetriebe inklusive Vergiftung durch Pestizide, Gülle sowie die Ausbreitung multiresistenter Keime – nur ein kleiner Vorgeschmack auf die »amerikanischen« Verhältnisse seien, die kämen, wenn TTIP komme. Fazit: TTIP stoppen Die Lektüre hinterlässt eindeutig einen üblen Nachgeschmack. Nämlich den, dass hier tatsächlich etwas gewaltig schiefläuft. Und dass TTIP keineswegs zugunsten der Mehrheit der Bevölkerung ausfällt, sondern eher nur zugunsten einer einflussreichen »Elite«, den Deal-Makern, wie Thilo Bode sie nennt. Bleibt die Erkenntnis, dass wir den Kakao, durch den wir gezogen werden, nicht auch noch austrinken sollten, wie der Schriftsteller Erich Kästner dies einst so treffend formuliert hat. Bleibt die Erkenntnis, dass wir Bürger Europas es uns nicht bieten lassen sollten, unsere Volksvertreter aus einer Verhandlung ausschließen zu lassen, die uns alle betrifft. Ja und uns selbst natürlich auch nicht. Wie Thilo Bode schon schrieb: Es gibt keinen Grund, warum die Verhandlungen im Geheimen stattfinden sollten – es sei denn, da soll etwas hinter unserem Rücken ausgeheckt werden, was uns nicht bekommt… Bibliografische Angaben TTIP die Freihandelslüge Warum TTIP nur den Konzernen nützt – und uns allen schadet Autor: Thilo Bode Verlag: DVA, Deutsche Verlags-Anstalt München ISBN978-3-421-04679-6 www.dva.de Buch bei Buch7 bestellen
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