Fragen & Antworten: ökosoziales Dorf
Soziale Innovation
SOZIALER WANDEL - Über das Care Farming-Landprojekt als Ort für soziale, ökologische und gesellschaftliche Innovationen sowie die Umsetzungsideen für Solidarischer Ökonomie bzw. via Social Entrepreneurship / Social Business, CSR oder Shared Value.
Frage
- Woran lässt sich das sozial-Innovative allgemein erkennen?
- Sind ähnliche 'Dorfprojekte' vorstellbar (Skalierbarkeit)?
- Einschätzung: Chancen als soziale Innovation
- Grundkriterien für Social Entrepreneurship
Antwort
Woran lässt sich das sozial-Innovative allgemein erkennen?
An der Tatsache, dass es sich beim 'Sozialen Dorf' um ein Projekt vom Typ nachhaltige Gemeinschaften handelt.
Die gibt es in den verschiedensten Formen schon länger, als in der breiten Öffentlichkeit bekannt ist.
Nachhaltige Gemeinschaften gelten allgemein als ausgesprochen sozial innovativ.
Beispiel Tamera (Portugal)
Herausragendes Beispiel in Europa ist das Friedensdorf Tamera in der portugisischen Region Alentejo. Tamera ist nach 1995 entstanden. Es widmet sich den Aufgaben ganzheitlicher Gesundheit, Natur, Umwelt und Frieden.
Beispiel Sieben Linden (Deutschland)
Auch die BewohnerInnen des Sieben Linden (Sachsen-Anhalt, seit 1990) sind sehr experimentierfreudig. Das Ökodorf ist schon vielfach Ort wissenschaftlicher Forschungen gewesen. Dabei ging es meist um Teilprojekte ökologischer Nachhaltigkeit.
Nur zwei von vielen weltweit
Tamera und Sieben Linden sind nur zwei Beispiele von vielen. Andere Gemeinschaften leisten in ähnlicher Weise sozial-ökologische Grundlagenarbeit für die Gesellschaft.
Jedem dieser Projekte liegen gesteckte Ziele zugrunde. Jedes entwickelt seinen ganz eigenen Charakter. Gut nachvollziehen lässt sich das in dem Film 'Ein neues Wir' aus Österreich.
Zeitschrift oya - Gemeinschaften im Blick der Forschung
Tamera - Bildung | Friedensarbeit | Ökologie | Architektur
Sieben Linden - Pädagogik | Bauen | Ökologie | Landwirtschaft | BNE | mehr
Sind ähnliche 'Dorfprojekte' vorstellbar ( Skalierbarkeit )?
In der Anfangsphase der Konzeptentstehung entwickelte sich mehr und mehr der Anspruch, eine echte Lösung zu erarbeiten. Die sollte gemeinwirtschaftlich tragfähig und nachhaltig sein.
Es sollte ein Modell entstehen, das sich nahtlos in ländliche Umgebungen einfügen lässt und weitgehend orts- und regionsunabhängig ist.
Das Ergebnis des "Dorfkonzeptes" stellt im aktuellen Entwicklungsstadium ein Modell eines mittelgrossen Gemeinschaftswohnprojektes für ländliche Regionen dar, das für verschiedene soziale und ökologische Ziele einsetzbar ist.
Die Skalierbarkeit (nach Anwendungsfall unterschieden):
(A) Ohne Berücksichtigung des Mehrwertes
Betrachtet man nur das ökoSoziale Dorf als "Problemlöser" - lässt dabei finanzielle Gesichtspunkte (Mehrwert, Gegenfinanzierung) völlig außer Acht - ist ein gemeinschaftliches Lebensraumprojekt dieser Art auch an anderen Orten mit einer anderen ökologisch-sozialen Aufgabe gut vorstellbar.
Ein Landprojekt hinreichender Größe könnte beispielsweise helfen, Entwicklungsprobleme in einer ländlichen Region zu entschärfen bzw. mittelfristig zu beheben. Hier wäre die Verfügbarkeit von Erfahrungswerte aus dem Betrieb eines vorhandenen 'Sozialen Dorfes' sehr ratsam, wenn nicht notwendig!
JA. Eine Multiplizierbarkeit ("skalierbar") ist grundsätzlich gegeben.
(B) Modellprojekt, Gegenfinanzierung aus der Sozialrendite
Ein 'Soziales Dorf' als Pilot- bzw. Modellprojekt mit einer (1) sehr ähnlichen Aufgabe aus dem Bereich soziale Benachteiligung ist gut an einem anderen Ort vorstellbar. Das kann nach grober Einschätzung auch in einem anderen Land Europas sein.
Eine Gegenfinanzierung über die Sozialrendite dürfte bei einer Problemaufgabe von hoher Relevanz (Beispiel: psychosomatische Erkrankungen bei sozial Benachteiligten) zu verwirklichen sein.
Genauso lautet auch die Antwort bei einem 'Dorf' mit einer (2) anderen Projektaufgabe aus den Bereichen Soziales und Gesundheit (Beispiel: Demenz). Auch eines solches ist an anderen Orten gut vorstellbar.
JA. Multiplizierbarkeit ist gegeben.
(C) Ohne Modell- oder Pilotcharakter
Geht man bei der Frage allerdings von einem Landprojekt im Normalzustand aus, also ohne den Modell- oder Pilotcharakter des Erstvorhabens «Soziales Dorf», ist die Antwort noch unklar.
Der Unterschied liegt in einem völlig anderen Kosten-Mehrwert-Verhältnis. Der gesellschaftliche Mehrwert ist naturgemäß deutlich geringer, wenn ein Projekt keinen wegweisenden Pilotcharakter hat.
OFFEN. Über eine Multiplizierbarkeit als Normalprojekt kann derzeit keine zuverlässliche Aussage gemacht werden.
ANMERKUNG - Die sog. Multiplizierbarkeit (Skalierbarkeit) einer sozialen Idee ist eine Eigenschaft, die für Social Investments Bedeutung hat. Im Social Entrepreneurship findet sich die Eigenschaft als eines der Hauptkriterien für unterstützungsfähige soziale Neuheiten.
Einschätzung: Chancen als soziale Innovation
Eine soziale Innovation wird nach ihren grundsätzlichen Eigenschaften und den sozialen, ökologischen und ökonomischen Projektqualitäten beurteilt.
Die Chancen auf Verwirklichung werden zusätzlich von der Beachtung durch gesellschaftliche Strömungen bestimmt.
Eine soziale Neuerung zum Anfassen, die auch sinnvolle Ideen aus der Gesellschaft aufnimmt, hat so mehr Chancen auf breite Unterstützung als eine eindimensionales Dienstleistung, mit der unbeirrt ein feststehendes Projektziel verfolgt wird.
Gesellschaftlichen Willen ernst nehmen
Gesellschaftliche Trends wurden bei der Entwicklung der 'Sozialen Dorfidee' frühzeitig berücksichtigt. Ins Konzept sind nicht wenige ökosoziale Ideen aus der Zivilgesellschaft eingeflossen, die in der Gesellschaft zunehmend verlässliche Zustimmung finden.
Dazu gehören verschiedene ökologische Aufgaben genauso wie ein Mindestlohn für Beschäftigte, FairTrade beim Wareneinkauf, Entschleunigung und regionale Produkte bzw. Slow Food.
Eine Gestaltungsidee aus neuerer Zeit ist die essbare Stadt. Die pfiffige Andernacher Idee hat in der Initiative die besten Chancen, als "essbares Dorf" in das Konzept Einzug zu halten.
Das essbare Dorf wird nach ersten Vorstellungen für das Umfeld des Dorfbereiches gelten. Die bewirtschafteten Felder und der Gartenbau werden davon ausgenommen sein. Denn die dienen der Eigenversorgung.
Seit Jahren ist Nachhaltigkeit das Gesellschaftsthema schlechthin. Die Diskussion darum hat inzwischen eine immense öffentliche Präsenz enfaltet. Trotz Fehlentwicklungen wie "Greenwashing" ist Nachhaltigkeit alles andere als ein Hype. Sie ist eine Jahrhundertaufgabe.
Im Konzept für die «neue soziale Idee» 'Dorf' kommt das anerkannte 3-Säulenmodell zur Anwendung.
Dabei werden auch die sog. dimensionübergreifenden Nachhaltigkeitsziele beachtet. Die Karlsruher Ergänzung macht Nachhaltigkeit und deren Aufgaben konkreter.
Nachhaltige Gestaltung ist weniger Eigenschaft als untrennbarer Bestandteil der Philosophie. Sie ist in den Grundsätzen (Leitbild Teil B) verbindlich festgeschrieben. Ihre drei Dimensionen Soziales, Ökologie und Ökonomie ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Projektdetails.
Erklärtes Ziel der Entwicklungsarbeit war und ist ein dauerhafter ländlicher Lebensraum, der als soziale Innovation überregional richtungsweisend ist.
Enorm wichtige CSR-Betrachtungsweise
Aufgrund des privatwirtschaftlichen Zeitgeistes in Deutschland und Europa ist auch die unternehmerische Betrachtungsweise von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
Für ökosoziale Projektengagierte wissenswert ist, dass sich unter potentiellen Förderern immer mehr die CSR-Sichtweise durchsetzt. Früher war die Werbewirksamkeit mitentscheidend, heute ist es die Corporate Social Responsibility.
Das gilt immer mehr auch für Krankenkassen, Institute & Stiftungen und sogar Kommunen.
Schon heute ist die "CSR-Attraktivität" eines Projektvorhabens mitentscheidend darüber, ob es verwirklicht & gefördert wird oder nicht. In der Welt der Social Media-Gesellschaften wird diese Tendenz sicher weiter zunehmen. Achtet man nun mit einem guten Projekt darauf, auch beständig in Erscheinung zu treten, gewinnt man deutlich an Attraktivität für CSR-sensible Förderer.
Das Gleiche dürfte für Partnerschaften nach dem neueren Creating Shared Value-Ansatz gelten.
Social Media - für Projekte ein Muss
Bei Facebook, Twitter & Co. vertreten zu sein ist ein weiterer Faktor, der Einfluss auf die Projektchancen hat. Die Social Media sind die Medien für Initiativen mit einem gesellschaftlichen Anliegen.
Für Engagierte sind die Sozialen Medien der passende Ort, aktiv und kommunikationsfreudig das eigene Projektvorhaben zu vertreten.
Die Initiative hat sich für Twitter als Schwerpunktmedium entschieden. In der Timeline ist das Dorfprojekt mit 14 Accounts vertreten. Fünf davon haben sich in ihrem Sachgebiet bereits zum beachteten Mikroblog entwickelt.
Die Wahl des "blauen Vögelchens" hat sich als richtig erwiesen. Eine Untersuchung aus neuerer Zeit hat ergeben, dass das Internet auf dem Weg zur meistgenutzten Informationsquelle ist. Der Kurznachrichtendienst aus Kalifornien wird dabei als Neuigkeitenlieferant ganz vorn gesehen.
Voll im Trend: Sozialverantwortung & Soziale Unternehmen
Der Markt für ökologisch & sozial engagierte Vorhaben wird wachsen. Dafür gibt es einen fundamentalen Grund. Die Verbraucher entscheiden beim Einkauf von Jahr zu Jahr verantwortungsvoller, sowohl weltweit als auch in Deutschland.
Ethischer Konsum entwickelt sich von der Randerscheinung zum gesellschaftlichen Trend von Bedeutung. Bisher nur eine Nischenerscheinung erfreuen sich Ethikbanken zunehmender Aufmerksamkeit. Gleichzeitig werden die Bundesbürger gegenüber Unternehmen deutlich kritischer. Die Konsumenten verlangen von ihnen, soziale Verantwortung zu übernehmen.
Marktwert nachhaltiger Projekte: Tendenz steigend
So schlagen CSR, das ähnliche Creating Shared Value (CSV) sowie Social Entrepreneurship / Social Business in Deutschland immer mehr eine eindeutige Richtung ein: nach oben. Der Bedarf nach werthaltigen Nachhaltigkeitsprojekten - auch dauerhaften und solchen mit überregionaler Ausstrahlung - wird damit steigen. Denn sichtbare CSR-Aktivitäten brauchen auch soziale und ökologische Projekte. Sie sind die Wahrzeichen zivilgesellschaftlichen Engagements.
Was eine erhöhte Projektnachfrage aber für den Wert eines sozialen Projektangebotes wie das 'Soziale Dorf' bedeutet, wissen nicht nur Marktwirtschaftler und Kaufleute: Dessen Wert steigt. Denn Markt ist Markt.
Der Newsblog - Social Entrepreneurship | CSR
Grundkriterien für Social Entrepreneurship
Im Social Entrepreneurship werden soziale Innovationen, die als Sozialunternehmen verwirklicht werden sollen, nach einigen grundsätzlichen Kriterien erstbeurteilt.
Die Punkte sind nicht immer einheitlich. Sie können nach Organisation (Ashoka, Skoll bzw. Schwab Foundation) und gesellschaftlichem Umfeld variieren.
Hier die Beurteilungskriterien, die bei Ashoka in Deutschland angewendet werden ...
(A) Neuheit der eigenen Idee - soziale Innovation
(B) Potenzial zur gesellschaftlichen Problemlösung - sozialer Wandel
(C) Unternehmerische Wachstumsabsicht - Skalierbarkeit
(D) Kreativität
(E) Vertrauenswürdigkeit und Integrität
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